Wofür ich Lehrer*innen liebe oder Eine Hommage an einen verkannten Berufsstand

Schule ist mein Leben. Von meinen 56 Jahren war ich 50 dort, als Schülerin, Studentin, Lehrerin, Kollegin und Mutter. Mit diesem Blog-Post möchte ich den Blick in Dankbarkeit auf eine Profession legen, die häufig unter einer falschen Außenwahrnehmung leidet.

Roal Dahl Nominee Limited / Quentin Blake 2016
  • Schon mein erster Schultag hat die Bühne frei gemacht für eine über viele Jahre andauernde Liebe. Unsere Lehrerin hatte uns eingeladen, mit Kreide etwas auf der Tafel zu zeichnen. Während meine Mitschüler*innen zögerlich ein Blümchen, eine Sonne, ein Haus malten, war ich in einem Rauschzustand und hab die einmalige Gelegenheit des großen Formats ausgenützt und die gesamte Fläche mit einem Schloss inklusive Prinzessin, einem Prinzen hoch zu Ross und einer veritablen Gartenanlage ausgefüllt. Als ich aufgewacht und erschrocken über mein Aus-der-Reihe-Tanzen war, sagte sie lächelnd etwas Nettes über mein Bild und ich erkannte: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“ (vgl. Goethe: Faust/Osterspaziergang)
  • Ich liebe die Tatsache, dass sich hinter jeder Lehrperson ein Fenster befindet, ein Fenster ihres Faches, ihrer Leidenschaft, das es zu entdecken gilt. Viele ausgezeichnete Lehrer*innen haben dieses sperrangelweit geöffnet. Mein Ziel war es immer, Schüler*innen zu zeigen, dass ein Betreten und Kennen meiner Welt ihre um so vieles reicher machen kann.
  • Großartig an Lehrer*innen ist es auch, wenn sie etwas an ihren Schüler*innen oder Studierenden entdecken, das diese (NOCH) nicht sehen können, wie eine Begabung, und das dann durch Benennen ans Licht bringen. „Ich seh etwas, was du nicht siehst, und das ist groß.“ Ich bin so dankbar für etliche solcher Wortgeschenke, die meinen Lebensweg entscheidend beeinflusst haben.
  • Ich schätze meine Kolleg*innen für ihre Großzügigkeit. Nicht nur haben viele von uns sehr, sehr viel Geld in unsere Aus- und Weiterbildung gesteckt, sondern es wird Schüler*innen Engagement, Zeit und Wissen weit über alle Maßen geschenkt. Das geht oft so weit, dass wir vom eigenen Geld Materialien kaufen oder Mängel beheben, damit alles gut funktioniert.
  • Ich bewundere Lehrer*innen für ihre herausragende Fähigkeit, täglich, häufig über die eigene Kraft hinausgehend, in einem höchst fordernden Beruf mit hoher Lärmbelästigung, oft unter widrigen Bedingungen und im Multitasking-Modus Kindern und Jugendlichen komplexe Sachverhalte beizubringen. In Zeiten der Pandemie konnten im Home-Schooling viele erstmals beim eigenen Kind erkennen, wie schwierig das oft ist.
  • Lehrer*innen sind unermüdliche Kämpfer*innen für Bildung. Selbst wenn dies oft ein Kampf von David gegen Goliath ist – sprich mit einem Buch gegen das Handy, mit Leidenschaft für Wissen gehen die Frage „Was bringt das?“, mit einer achtsamen Sprache gegen die Verrohung dieser in den Medien, mit schöngeistigen Themen wie Akzeptanz, Sensibilität, Friedfertigkeit und Humanität gegen ein oft anderes Außen.
  • Ich verehre Lehrer*innen auch dafür, dass sie mit Humor und Empathie, mit Geduld und Liebe zu den Kindern so vieles reparieren, wiedergutmachen, ausgleichen oder lindern, was schiefläuft und so ihren Beitrag leisten, dass diese Welt für ihre Schüler*innen und somit für uns alle ein Stück besser wird.

Nun wirst du vielleicht sagen: „Ja aber, es sind nicht alle so. Als ich in der Schule war, hatte ich mal …“ Ich weiß. Aber lassen wir nicht zu, dass unser negativity bias das Bild trübt und verfälscht.

Lasst uns all die exzellenten Lehrer*innen vor den Vorhang holen und diese feiern!

Ich lade dich in den Kommentaren ein, eine wundervolle Schulerfahrung von dir zu teilen.

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